Diese Supermarkt-Tricks verstecken den wahren Zuckergehalt vor dir: Was Hersteller verschweigen müssen

Die bunten Verpackungen mit fröhlichen Tieren und dem verlockenden Aufdruck „Vollkorn“ suggerieren Eltern eine gesunde Wahl für ihre Kleinen. Doch hinter der harmlosen Fassade von Vollkornkeksen für Kinder verbirgt sich oft eine Realität, die mit dem beworbenen Gesundheitsversprechen wenig gemein hat. Eine genauere Analyse der Zutatenlisten offenbart ein komplexes Geflecht aus verschleierten Zusatzstoffen und irreführenden Deklarationen, das selbst erfahrene Verbraucher ins Grübeln bringt.

Ein aktueller Marktcheck der Verbraucherzentrale Bayern zeigt das erschreckende Ausmaß: Bei 18 von 33 untersuchten Kinderkeksen wurde ausschließlich Weißmehl verwendet. Lediglich acht Produkte enthalten zumindest einen Teil Vollkornmehl, und nur sieben Produkte bestehen tatsächlich zu 100 Prozent aus Vollkorn. Diese Zahlen sprechen eine klare Sprache über die Diskrepanz zwischen Marketing und Realität.

Die Kunst der Verschleierung: Wenn E-Nummern verschwinden

Während Erwachsene mittlerweile skeptisch auf E-Nummern reagieren, haben Hersteller raffinierte Strategien entwickelt, um diese aus den Zutatenlisten ihrer Kinderprodukte zu eliminieren – zumindest optisch. Dieses Phänomen wird als „Clean Labeling“ bezeichnet und ist mittlerweile weit verbreitet in der Lebensmittelindustrie.

Statt chemisch klingender Bezeichnungen finden sich nun Begriffe wie „Hefeextrakt“ oder „natürliche Aromastoffe“. Diese scheinbar harmlosen Bezeichnungen können jedoch ähnliche Funktionen wie ihre chemischen Pendants erfüllen. Hersteller nutzen diese Strategie bewusst, um das Image ihrer Produkte zu verbessern, ohne die grundlegende Zusammensetzung wesentlich zu ändern.

Vollkorn als Lockmittel: Die 90-Prozent-Regel

Die Bezeichnung „Vollkorn“ erweckt den Eindruck einer durchweg vollwertigen Zutat. Tatsächlich müssen Vollkornprodukte mindestens 90 Prozent des Mehls aus dem vollen Korn enthalten, um diese Bezeichnung zu verwenden. Die restlichen zehn Prozent können jedoch aus anderen Zutaten bestehen – eine Tatsache, die vielen Verbrauchern unbekannt ist.

Problematisch wird es, wenn Hersteller verschiedene Mehlsorten mischen und dabei die Vollkornkomponente in der Zutatenliste geschickt platzieren. Durch Aufteilung in „Weizenmehl“, „Vollkornweizenmehl“ und „Weizenkleie“ können die tatsächlichen Mengenverhältnisse verschleiert werden. Ein raffiniertes Spiel mit der Wahrnehmung der Verbraucher.

Versteckte Zuckerfallen in der Zutatenliste

Ein einzelner Blick auf den Zuckergehalt reicht längst nicht aus. Moderne Vollkornkekse enthalten oft ein Arsenal verschiedener Süßungsmittel: Glukosesirup, Dextrose, Fruktose, Reissirup und Apfeldicksaft. Jeder einzelne Süßstoff mag in geringen Mengen erscheinen, doch in der Summe kann der Zuckeranteil beträchtlich werden.

Diese Aufspaltung dient einem klaren Zweck und verschleiert den tatsächlichen Zuckergehalt der Zutatenliste. Würde der gesamte Zuckergehalt als ein Inhaltsstoff deklariert, stünde er an erster oder zweiter Stelle der Zutatenliste – ein deutliches Signal für den hohen Süßungsgrad des Produkts.

Zusatzstoffe mit freundlichen Namen

Hinter Begriffen wie „Backtriebmittel“ verbergen sich oft komplexe Mischungen verschiedener Substanzen, die weit über das hinausgehen, was in der heimischen Küche verwendet wird. Diese industriellen Hilfsmittel sorgen für gewünschte Texturen und längere Haltbarkeit, klingen aber deutlich harmloser als ihre chemischen Bezeichnungen.

Ein konkretes Beispiel aus der Praxis: In österreichischen Untersuchungen von Kinderkeksen wurde häufig Ascorbinsäure als Antioxidationsmittel nachgewiesen. Obwohl Ascorbinsäure chemisch mit Vitamin C identisch ist, dient sie in Keksen primär als technischer Hilfsstoff zur Konservierung und Mehlbehandlung – nicht als Vitaminzusatz.

Aromastoffe: Wenn natürlich nicht eindeutig ist

Die Bezeichnung „natürliche Aromastoffe“ kann Verbraucher in die Irre führen. Diese Substanzen müssen lediglich aus natürlichen Rohstoffen gewonnen werden, können aber durch komplexe chemische Verfahren stark verändert sein. Der Unterschied zu synthetischen Aromastoffen ist für den Verbraucher oft nicht erkennbar und geschmacklich kaum unterscheidbar.

Besonders problematisch sind Geschmacksintensivierungen, die als „Gewürzextrakte“ deklariert werden. Diese können dazu beitragen, dass Kindergaumen auf stärkere Geschmäcker trainiert werden und natürliche Lebensmittel als weniger schmackhaft empfunden werden – ein bedenklicher Kreislauf.

Praktische Entschlüsselung der Zutatenliste

Ein geschulter Blick auf die Verpackung kann Eltern vor Überraschungen bewahren. Achten Sie auf ungewöhnlich lange Zutatenlisten – echte Vollkornkekse mit einfacher Rezeptur benötigen deutlich weniger verschiedene Zutaten. Eine gute Faustregel: Je kürzer die Liste, desto weniger verarbeitet ist meist das Produkt.

Seien Sie besonders aufmerksam bei Produkten, die mehrere verschiedene Mehltypen auflisten oder den Vollkornanteil nicht klar quantifizieren. Transparente Hersteller geben deutlich „100% Vollkornmehl“ an, während andere bewusst unspezifisch bleiben und mit vagen Formulierungen arbeiten.

Warnsignale erkennen

Ein wichtiges Warnsignal sind Zutatenlisten, die mehrfach dasselbe in verschiedenen Formulierungen erwähnen – etwa „Zucker“, „Glukose“ und „Dextrose“ im selben Produkt. Diese Praxis lässt die verschiedenen Süßungsmittel in der Zutatenliste weiter nach unten rutschen, obwohl die Gesamtzuckermenge erheblich sein kann.

  • Mehrfache Nennung von Süßungsmitteln unter verschiedenen Namen
  • Unspezifische Angaben wie „Gewürze“ oder „Aromastoffe“ ohne weitere Details
  • Sehr lange Zutatenlisten bei vermeintlich einfachen Produkten
  • Fehlende Mengenangaben bei beworbenen Hauptzutaten wie Vollkorn

Wenn „natürliche Aromastoffe“ zusammen mit verschiedenen Süßungsmitteln auftauchen, handelt es sich meist um hochverarbeitete Produkte mit intensiviertem Geschmacksprofil, das weit von natürlichen Getreidearomen entfernt ist.

Was Hersteller nicht preisgeben müssen

Verarbeitungshilfsstoffe müssen nicht deklariert werden, wenn sie im Endprodukt nicht mehr nachweisbar sind. Diese regulatorische Lücke ermöglicht es Herstellern, bestimmte Aspekte ihrer Produktionsprozesse zu verschleiern, während sie gleichzeitig mit „natürlichen“ oder „reinen“ Zutaten werben.

Enzyme zur Teigverbesserung, Lösungsmittel für Aromaextraktion oder andere technische Hilfsmittel bleiben für Verbraucher unsichtbar, auch wenn sie im Herstellungsprozess verwendet wurden. Diese Intransparenz macht es schwierig, die wahre Qualität und Natürlichkeit eines Produkts zu beurteilen.

Die Verantwortung liegt daher bei informierten Verbrauchern, die durch kritisches Hinterfragen und bewusstes Lesen der Zutatenlisten ihre Kaufentscheidungen treffen. Nur durch diesen Verbraucherdruck können langfristig transparentere und ehrlichere Produktkennzeichnungen durchgesetzt werden. Ein bewusster Griff ins Regal kann dabei helfen, die Lebensmittelindustrie zu mehr Transparenz zu bewegen.

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